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Das Verbrenner-Verbot funktioniert nicht ohne Volksverdummung

Das Verbrenner-Verbot funktioniert nicht ohne Volksverdummung

Fast 20 Prozent der Deutschen kaufen E-Autos. Das ist schon stattlich, reicht der E-Auto-Lobby aber nicht. Sie ruft nicht nur nach immer neuen Subventionen, sondern gerät gerade in Panik, dass das Verbrenner-Verbot kippen könnte. Dabei führt daran kein Weg vorbei, wenn man nicht die Realität ignorieren will. Ein Kommentar.

900 Kilometer war ich kürzlich mit einem elektrischem Kleinwagen unterwegs. Einem chinesischen übrigens, ein durchaus empfehlenswertes Zweitwägelchen. Beim Blick auf die Rechnung für öffentliche Ladestationen fielen mir allerdings die Augen heraus: 102 Euro - für 125 Kilowattstunden Strom. Das entsprach dreimal Vollladen und insgesamt 900 Kilometern Strecke und war damit teurer, als ich bei meinem eigenen 7-sitzigen Familien-SUV mit Hybrid-Benziner für dieselbe Strecke gezahlt hätte. Denn der schafft die 900 Kilometer mit einer einzigen Tankfüllung. Die übrigens immer drei Minuten dauert, während die versprochenen Ladezeiten bei E-Autos fast immer nicht eingehalten werden. Meistens weichen sie erheblich von den versprochenen Zeiten bzw. Ladeleistungswerten ab.

Mit einem neuen Tarif für 59 Cent pro Kilowattstunde kann ich die 100 Euro künftig auf rund 75 Euro drücken. Doch auch das ist ein lächerlich geringer Preisvorteil gegenüber einem sparsamen Verbrenner, wenn man häufig oder immer öffentlich laden muss und nicht zuhause mit optimierten Stromtarifen und eigener Solaranlage auf dem Dach. Und bei den absurd hohen Strompreisen in Deutschland wird sich das auch nicht ändern. Gerade jetzt, wo im Zuge der IAA mit ihren Elektro-Neuheiten die Akku-Lobby wieder täglich mahnt, das Verbrenner-Verbot der EU 2035 dürfe auf keinen Fall fallen, kann ich nur sagen: Wer den Leuten das als Notwendigkeit verkaufen will, betreibt professionelle Volksverdummung.

Mittlerweile haben die meisten Autohersteller erkannt, dass eine "Elektro Only"-Strategie in die Irre führt und vor allem die Realitäten des globalen Automarkts nicht abbildet. Die Chefs von BMW und zuletzt auch Mercedes haben sich klar für eine flexible Antriebsstrategie ausgesprochen. Toyota als größter Autohersteller der Welt tut das schon immer. Opel verschiebt seine Akku-Ambitionen ebenfalls nach hinten. Allein VW beharrt auf seinem Trip, so schnell wie möglich alle Verbrenner-Kunden mit einem Fußtritt nach Hause zu schicken. Das Verbrenner-Verbot müsse unbedingt bleiben, um für "Klarheit" zu sorgen, heißt es aus Konzernkreisen. "Klarheit" ist in der Autobranche übrigens eine Art Code für "Wir wissen, dass das so nicht klappt, aber wenn die Politik es so haben will, dann wollen wir wenigstens Milliarden-Subventionen dafür haben."

Selbst Volvo, wo man glaubte, in kürzester Zeit alles nur noch mit Batterie-Mobilen abwickeln zu können, passt nun seine Strategie an und holt dafür seinen ehemaligen Motoren-Chef zurück. Er hatte zwischenzeitlich für Horse Powertrain gearbeitet. Ein Konsortium, zu dem auch Chinas Autoriese Geely gehört und das millionenfach Verbrenner und Hybridantriebe baut und entwickelt.

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Horse Powertrain ist vielen noch unbekannt, aber einer der größten Motorenhersteller der Welt. Im Bild der neue C15, ein Vierzylindermotor für Plug-In-Hybridfahrzeuge, der mit Benzin oder synthethischen Kraftstoffen laufen kann Viehmann

Auch der im Rahmen der IAA immer wieder gehörte Satz "Die Welt hat sich längst für eine reine Elektro-Strategie entschieden" ist reiner Unsinn. Allein die beiden wichtigsten Automärkte der Welt haben das gerade nicht. Dazu zählt ausgerechnet China - denn trotz des massiven und fraglos imposanten Ausbaus der E-Mobilität sieht die neue Antriebsstrategie der Chinesen explizit kein Verbrenner-Verbot vor. Die vielen Hybrid-Modelle, die man von den Chinesen auf der IAA sehen kann, zeugen davon.

Noch entscheidender ist die 180-Grad-Wende in den USA. Dort hat die neue Regierung nicht nur das Verbrenner-Aus beerdigt, sondern will auch noch die CO2-Regeln für Autohersteller abschaffen. Es ist zu erwarten, dass viele Hersteller, auch deutsche, künftig ein starkes Wachstum in den USA anpeilen, sei es nun mit E-Modellen - die man in den USA trotzdem günstiger produzieren kann als in der EU mit ihren hohen Energiepreisen und der bürokratischen Überregulierung - oder mit Benzin- und Hybridfahrzeugen.

Die E-Mobilität ist eine tolle Sache, wenn man überwiegend kurze Strecken fährt oder einen Akku-Flitzer als Zweitwagen besitzt. Vor allem wenn man daheim laden kann, am besten noch mit flexiblen Stromtarifen oder gar bidirektionalem Laden, als Krönung noch mit eigener PV-Anlage auf dem Dach. Dann rechnet es sich schnell. Doch nicht nur ist dieses Ökosystem wieder mit massiven Subventionen und einem milliardenschweren Netzausbau verbunden, sondern es ist auch weit entfernt von der Realität eines Vielfahrers oder von Menschen mit schmalem Geldbeutel, die keine PV-Anlage haben - und im Zweifel nicht einmal einen eigenen Garagenplatz. Zudem hat es wenig mit den realen Käuferpräferenzen zu tun, wenn man einmal über den europäischen Tellerrand hinausblickt. Die meisten Autohersteller haben das verstanden und ihre Strategie angepasst. Dass gerade Volkswagen so stark auf dem Verbrenner-Verbot besteht, zeigt vor allem, wie wenig bezahlbare Allround-Autos mit Verbrenner man in Wolfsburg noch im Angebot hat. Wenn man dazu aber nicht mehr in der Lage ist, muss man eben Platz machen für Hersteller, die noch eine vollwertige Familienkutsche für unter 25.000 Euro anbieten - zum Beispiel für Dacia.

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