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Mercedes 190E 2.5-16 Evo 2 Replika: Der Motor dieses Evo-2-Nachbaus ist ein Sakrileg

Mercedes 190E 2.5-16 Evo 2 Replika: Der Motor dieses Evo-2-Nachbaus ist ein Sakrileg

Für viele Mercedes- und Rennsport-Fans ist der 190E 2.5-16 Evolution II ein wahres Sehnsuchtsauto. Schließlich steht der wild beflügelte Sport-Benz für eine großartige Ära des Motorsports. Wer alt genug ist, erinnert sich nur zu gern an spektakuläre Rennen auf der Nordschleife, dem alten Hockenheimring oder provisorischen Flugplatzkursen in den frühen Neunzigerjahren. In den Händen wahrer Racing-Legenden wie Klaus Ludwig, Bernd Schneider oder Roland Asch lieferte sich der "Evo 2" damals unzählige heiße Rad-an-Rad-Duelle mit den nicht minder legendären Rennversionen des BMW M3 E30 und Audi V8.

Das Problem aus heutiger Sicht: Als waschechtes Homologationsauto wurde der Mercedes 190E 2.5-16 Evolution II seinerzeit nur 502-mal gebaut. Entsprechend gesucht und teuer sind echte Exemplare der einst mindestens 109.440 Mark teuren Sportlimousine. Wenn heutzutage mal einer auf den Markt kommt, werden locker 300.000 bis 400.000 Euro für einen Evo 2 fällig. Wer einen fahren möchte, muss also vermögend sein. Oder einfallsreich und über das nötige technische Geschick verfügen.

Auf Dave und Dominick Tucci treffen möglicherweise alle drei genannten Attribute zu, auf jeden Fall aber die beiden letztgenannten. Die Männer hinter der Firma Tucci Hot Rods nahmen ihr Schicksal nämlich einfach selbst in die Hand und bauten einen Evo 2 in Eigenregie. Wobei Dave, der das Unternehmen bereits 1997 zusammen mit seiner Frau Jill gegründet hatte, mehrheitlich den technischen Part verantwortet und sich Sohn Dominick, seines Zeichens ausgebildeter Industrie-Designer, um die Gestaltung der in Marcy im US-Bundesstaat New York gebauten Autos kümmert.

Ihre Evo-2-Replika erblickte 1989 als ganz banaler Mercedes 190 im US-Outfit, der im Laufe der Jahre ziemlich gelitten hat, das Licht der Welt. Zum Jahresbeginn 2023 gelangte der bemitleidenswerte Benz in die Hände der Tuccis, die sofort zur Tat schritten; das Auto sollte schließlich bis zur SEMA Show im Herbst desselben Jahres fertig werden. Der Umbau begann mit einer Entkernung. Auf das Sandstrahlen der Rohkarosserie folgten weitere Blecharbeiten, die aufgrund des miesen Zustands etwas umfangreicher ausfielen als zuvor erwartet. Und die Familie Tucci war sicher nicht blauäugig an das Projekt herangegangen.

Da von vornherein feststand, dass der amerikanische 190E 2.5-16 Evolution II deutlich mehr Power haben soll als das Spenderfahrzeug, musste die US-Truppe ans Chassis ran. Den neuen hinteren Hilfsrahmen spendierte ein Subaru WRX STi der Generation nach 2015. Die Hinterachse stammt ebenfalls vom japanischen Rallye-Helden für die Straße – allerdings in etwas gekürzter Form. Damit der Hilfsrahmen passte, flog fast die gesamte hintere Querstruktur des 190ers raus. Um den Verlust an Verwindungssteifigkeit nicht nur auszugleichen, sondern diese gar zu optimieren, schweißte Tucci Hot Rods neue Rohre in die Chassis-Konstruktion ein.

Parallel schneiderte Dominick Tucci das passende Breitbau-Bodykit, das den Spender-Benz optisch auf Evo-2-Kurs brachte. Der Mercedes 190 erhielt nicht nur neue Schürzen sowie Kotflügelverbreiterungen vorn und hinten, sondern auch die passenden Schweller samit eigens angefertigter Sacco-Bretter. Ergänzend kamen der obligatorische Heckflügel und sogar die Embleme auf den vorderen Kotflügeln hinzu. Kenner sehen dennoch sofort, dass es sich nicht nicht um einen originalen Evo-2-handelt. Zwei besonders offensichtliche Unterschiede sind die Positionierung des Doppel-Endrohrs (mittig und nicht links) sowie die Farbe: Die Replika präsentiert ein Blaumetallic, während es den 190E 2.5-16 Evolution II damals ausschließlich im Farbton 199 Blauschwarz Metallic zu kaufen gab.

Dass hier etwas nicht mit rechten Dingen zugeht, merkt man jedoch spätestens, wenn der Motor des Fake-Evo-2 gestartet wird. Im Bug schlägt nämlich keineswegs das kurzhubige 2,5-Liter-Vierzylinder-Herz mit Vierventil-Zylinderkopf von Cosworth, das den Top-190er seinerzeit zum sportlichsten Mercedes adelte. Stattdessen erhielt der Nachbau ein Triebwerk des Massenherstellers Ford. Wenn Replika, dann richtig, scheint das Motto von Dave und Dominick Tucci gewesen zu sein. Wobei die Amerikaner eine Verbindung über Cosworth herstellen, da die britischen Motorenexperten viele Jahre eng mit Ford verbandelt waren, speziell auch in der Formel 1.

Ein 0815-Motor aus dem Ford-Regal kam dann immerhin doch nicht infrage. Triebwerk der Wahl war ein 3,5-Liter-Twin-Turbo-V6 von Ford Performance, wie er beispielsweise im Ford F-150 Raptor zum Einsatz kommt. Im Sport-Pick-up liefert das Ecoboost-Kraftwerk 456 PS und ein maximales Drehmoment von 691 Newtonmetern. Diese Werte dürfte der 190E 2.5-16 Evolution II toppen, denn die Firma HP Tuners hat dem Motor einige nicht näher benannte Tuning-Maßnahmen gegönnt. In Sachen Power hat der Wechsel auf das markenfremde Aggregat so oder so enorme Fortschritte gebracht: Der Originalmotor generiert 235 PS und höchstens 245 Newtonmeter.

Die Ladeluft- und Wasserkühler kommen von Mishimoto Automotive und weite Teile der Abgasanlage von Borla, wobei es sich beim Doppelendrohr um ein eigens angefertigtes Teil aus dem 3D-Drucker handelt. Leider baute Tucci Hot Rods nicht das Getrag-Dogleg-Getriebe des originalen 190er Evo mit dem ersten Gang links hinten ein, sondern mit der manuellen Fünfgang-Schaltung Tremec TKX eher – wenn auch sehr bewährte – Standardware.

Bei den weiteren Komponenten griffen die Tucci-Jungs in die Regale von Premium-Zulieferern. Die Bremsanlage liefert Wilwood in Form von 355 (vorn) sowie 330 Millimeter großen Scheiben (hinten) und Sechs- sowie Vierkolbensätteln. Sie arbeitet hinter 8,5x18 Zoll großen Felgen von fifteen52, die den Originalen optisch sehr nahekommen und rundum Reifen des Typs Toyo Proxes R888R im Format 255/35 R18 tragen. Das Fahrwerk stammt in weiten Teilen vom Spezialisten QA1.

Innen kommt der Mercedes Evo 2 aus der US-Tuning-Werkstatt ebenfalls optimiert daher. Es ziehen neue Sitze des Typs Recaro Classic LX, eine speziell auf das 190E-Interieur angepasste Klimaanlage von Vintage Air und ein Soundsystem von MB Quart ein. Auch die Geräuschdämmung und die Verkabelung hat Tucci Hot Rods erneuert. Ein MPI-Autodromo-Lenkrad rundet die Restomod-Maßnahmen ab.

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