Mercedes erklärt, warum ihre Elektroautos wie Bohnen aussehen

Seit dem Debüt des EQS im Jahr 2021 muss sich Mercedes für das Design seiner Elektroautos einiges anhören. Viele waren der Meinung, dass die Serienversion längst nicht so elegant aussähe wie die 2019 vorgestellte Vision EQS-Studie. Um fair zu bleiben: In echt wirkt der EQS meiner Meinung nach besser als auf Fotos – aber am Ende bleibt es doch Geschmackssache.
Auch der kleinere EQE folgte derselben Philosophie: aerodynamisch optimiert, um die Effizienz zu steigern und mehr Reichweite herauszukitzeln. Mercedes entschied sich hier zwar gegen die praktischere Heckklappe des EQS und für einen klassischen Kofferraum, doch die geschwungene Silhouette ist fast identisch. Und jetzt wird klar: Hinter der eigenwilligen Formensprache steckt noch mehr als reine Aerodynamik.
Mercedes-Technikvorstand Markus Schäfer erklärte im Gespräch mit dem australischen Magazin WhichCar, dass es damals vor allem um die Haltung der Kundschaft ging: Menschen, die früh von Verbrennern auf Elektro umstiegen, wollten ein Auto, das sich sichtbar von klassischen Modellen unterscheidet.
Die frühen Käufer wollten anders sein. Sie wollten zeigen, dass sie ein Elektroauto fahren. Aber jetzt, wo wir in die Phase der Massenverbreitung kommen, wollen die Kunden nicht mehr zeigen, dass sie elektrisch unterwegs sind. Sie wollen dieselbe Form – unabhängig vom Antrieb.
Rivale BMW hat von Beginn an diesen Weg eingeschlagen: keine komplett neue Designsprache, sondern nur kleine Unterschiede zwischen Elektro- und Verbrenner-Modellen. Mercedes steuert inzwischen ebenfalls in diese Richtung. Der neue elektrische CLA und der EQC rücken optisch näher an ihre Verbrenner-Brüder heran. Auch die vollelektrische C-Klasse, die nächstes Jahr kommt, wird sich kaum vom Benziner unterscheiden.
Während das Design also vereinheitlicht wird, bleibt Mercedes bei getrennten Plattformen. Hintergrund: Wenn Verbrenner und E-Autos die gleiche Basis teilen, müssen Ingenieure Kompromisse eingehen. Getrennte Architekturen ermöglichen es hingegen, die Technik besser auszureizen:
Wenn man beide Antriebe auf dieselbe Plattform setzt, endet das in Kompromissen – und wir wollen keine Autos anbieten, die auf Kompromissen basieren.
Chefdesigner Gorden Wagener hat mehrfach versucht, das "Ei-förmige" Styling zu verteidigen. Während viele es "Jellybean"-Look nennen, beschreibt er es als "zielgerichtet und sehr progressiv". Seiner Ansicht nach war der EQS seiner Zeit schlicht voraus – um etwa zehn Jahre zu früh.
Wagener, der kürzlich bereits die Interieurs von BMW und Audi kritisiert hatte, machte auch die Marketingstrategie für die schwachen Verkäufe verantwortlich. Hätte man den EQS eher als "futuristischen CLS, S-Klasse Coupé oder etwas in der Art" positioniert, hätte er womöglich mehr Käufer gefunden. Zwar erhält der EQS noch ein Facelift und bleibt einige Jahre im Programm, doch laut Autocar läuft der kleinere EQE bereits 2026 aus. Er macht Platz für eine vollelektrische E-Klasse.
Langfristig werden S-Klasse und EQS sogar zu einer Modellreihe verschmelzen. Die aktuelle S-Klasse erhält nächstes Jahr ein Facelift, die nächste Generation dürfte 2029 oder 2030 erscheinen – und dann sowohl mit Verbrennern als auch als reine Elektrovariante angeboten werden.
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