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Defekte und Software-Probleme bei modernen Autos: 8 Beispiele für großen Autofrust

Defekte und Software-Probleme bei modernen Autos: 8 Beispiele für großen Autofrust

Derzeit erreichen auto motor und sport besonders viele Beschwerden von Lesern über fehlgeschlagene Autoreparaturen, überforderte Werkstätten und hilflose Hersteller-Hotlines. Das Muster ist immer ähnlich: Über Wochen können Werkstätten Probleme nicht lösen, oder sie rennen monatelang Ersatzteilen hinterher. Die einst zum Helfen geschaffenen Kunden-Hotlines sind selbst hilf-, macht- und oft auch sprachlos.

"Autos, die jünger als drei Jahre alt sind, haben zweieinhalbmal so viele Defekte bei Infotainment, Konnektivität oder Assistenzsystemen wie ältere Autos", sagt Professor Steffen Jäckle, der an der Hochschule Ravensburg-Weingarten unter anderem Vertriebsmanagement und digitale Transformation lehrt. Werkstätten und Händler könnten softwarebedingte Probleme nicht beheben. "Sie müssen warten, bis eine Lösung vom Hersteller kommt." Für viele Kunden sei das eine vollkommen neue Erfahrung. "In der Vergangenheit konnte ‚mein Meister‘ immer eine Lösung finden. Das ist vorbei", so Jäckle. Der Kunde gerate in eine Endlosschleife.

So wie Christian Kirsch, der einen knapp drei Jahre alten Audi E-tron GT fährt. Von Wachtendonk in seine Heimat Bayern zu fahren, ist bei einer Reichweite von knapp 470 Kilometern kein Problem. Ein kurzer Schnellladestopp, und die gut 700 Kilometer sind im Nu abgespult – eigentlich. Trotzdem traut Christian Kirsch sich nicht mehr, mit dem Elektro-Sportwagen von seinem aktuellen Wohnort am Niederrhein in die bayerische Heimat zu reisen. Und es ist nicht die immer noch weitverbreitete Reichweitenangst, mit leeren Stromspeichern auf dem Autobahn-Standstreifen zu enden. Der Betreiber eines Strandbads hat schlicht das Vertrauen in die Technik seines fast 120.000 Euro teuren und knapp drei Jahre alten Luxus-Stromers verloren.

Achtmal ist Kirsch schon liegen geblieben, jedes Mal aus heiterem Himmel. "Bordnetz: Störung! Fahrzeug sicher abstellen", lautet dann der Befehl aus dem Cockpit. Weiter geht es danach nur noch "hoch auf dem gelben Wagen" – dem Abschleppwagen. Seit Jahresbeginn war der Audi insgesamt mehr als drei Monate beim Service – jedes Mal ergebnislos. "Als besonders enttäuschend empfinde ich die bisherige Kundenbetreuung durch Audi. Trotz mehrfacher Kontaktaufnahme wurde mein Anliegen in keiner Weise ernsthaft behandelt", sagt Kirsch.

Was die Ursache für die vielen Ausfälle ist, verrät Audi auto motor und sport auf Nachfrage nicht. Stattdessen versteckt sich der VW-Ableger hinter Gesetzen und Bestimmungen. "Aufgrund datenschutzrechtlicher Gegebenheiten können wir uns nicht zu konkreten Details äußern", so ein Sprecher. Statt konkreter Antworten auf gezielte Fragen der Redaktion kommen aus Ingolstadt nur PR-Floskeln, auf deren Wiederholung wir hier verzichten. Die Volkswagen Leasing GmbH hatte Kirsch auf eine seiner Eingaben geantwortet: "Ein Leasing-Vertrag stellt, anders als eine Fahrzeug-Miete, den Leasing-Gegenstand ohne eine Gewähr für dessen Funktionstüchtigkeit zur Verfügung." Keine Gewähr für ein funktionierendes Auto? Kirsch fehlen dafür die Worte.

Angeblich sollen dem 61-Jährigen nach langem Hin und Her zwei Raten zu je rund 1.500 Euro erstattet werden. Doch Kirsch, früher mal Fan der Marke, hat die Nase voll. "Ich bin als Kunde erst mal raus, habe ins Klo gegriffen." Aus seinem Umfeld ernte der Freizeit-Triathlet, der bewusst auf E-Mobilität umgestiegen ist, "Hohn und Spott. Meine Diesel-Freunde haben gewonnen".

Stefan Reindl, Dekan des Instituts für Automobilwirtschaft (IfA) in Geislingen/Steige, kennt diese Problematik nicht nur aus der Wissenschaft, sondern auch aus eigenem Erleben: Sein gerade mal eineinhalb Jahre alter Audi Q8 E-tron kämpft ebenfalls mit der Software. Reindl: "Das MMI ist teilweise tagelang außer Betrieb. Kein Radio, kein Navi, keine Funktion. Der Fehler wurde bislang nicht gefunden." Falle die Unterstützung der Werkstätten durch die Hersteller aus, existiere "kein wirklicher Lösungsansatz", um ein Auto wieder fahrtüchtig zu machen. "Insofern ist das Vertrauen in Fahrzeuge ‚made in Germany‘ bei vielen Kunden nicht mehr vorhanden. Die Entwickler müssen sich bewegen, um es nicht gänzlich zu verlieren", so der Professor.

E-Klasse: Software läuft nicht zuverlässig

Doch dafür ist es oft schon zu spät. Ein weiteres Beispiel: Die Mercedes E-Klasse von Mirco Pinske aus der Nähe von Siegen hat seit der Auslieferung im Sommer 2024 immer wieder Systemausfälle. Der Musik-Streaming-Dienst Tidal quittierte zwischenzeitlich seinen Dienst, das Infotainment- und Bediensystem MBUX stürzte unterwegs ab. Auf einer Urlaubsfahrt versagten die Live-Verkehrsmeldungen, sodass Pinske zielsicher in jedem Stau landete. Bombardiert ihn das Cockpit mal wieder mit vermeintlichen Fehlermeldungen oder spinnt die Software auf andere Weise, hat der 49-Jährige mittlerweile eine eher rustikale Lösung gefunden: aussteigen, abschließen und zehn Minuten warten, bis der Benz sich berappelt hat.

Auch die Hardware zickt: Nach dem Kaltstart bei Kälte knarzt es aus dem Vorderwagen wie aus der Tiefe eines alten Sofas. Zum Beweis hat Pinske, Geschäftsführer einer IT-Firma, Youtube-Videos hochgeladen, die das Problem mehr als deutlich machen. Beim Besuch von auto motor und sport ist die E-Klasse wieder in der Reparatur. Als sie Tage später zurückkommt, knarzt es weiter. In der Mercedes-App sieht Pinske aus der Ferne, dass die Profi-Schrauber sich offenbar wenig Mühe gegeben haben, den Fehler zu reproduzieren. "Insgesamt wurde nur wenige Hundert Meter gefahren", sagt er. Seine Erfahrungen nennt der IT-Experte "äußerst enttäuschend – nicht nur wegen des Mangels selbst, sondern vor allem aufgrund des wenig lösungsorientierten Umgangs seitens Mercedes und der langen Wartezeiten auf Ersatzteile. Gerade in dieser Fahrzeugklasse hätte ich anderes erwartet. Ich renne denen hinterher wie ein Bittsteller."

Mercedes sieht Werkstatt in der Pflicht

Mercedes schreibt auto motor und sport, dass die Software in der betroffenen E-Klasse upgedatet worden sei. Und: "Teilweise sind die Auffälligkeiten bekannt, für die es aber auch eine Lösung bei den Werkstätten gibt. Tidal sollte nach wie vor funktionieren, eventuell hilft noch eine Neuanmeldung." Fahrwerksprobleme seien dagegen nicht bekannt. "Hierzu müssten wir uns das Fahrzeug genauer anschauen. Dies muss aber erst über die Werkstatt erfolgen." Und da ist sie wieder: die Endlosschleife.

Professor Stefan Reindl vom Institut für Automobilwirtschaft findet, dass in vielen Modellen "unzureichend ausgereifte Software-Pakete" verbaut werden. Dass Over-the-Air-Updates – also über Mobilfunknetze – vor allem bei deutschen E-Autos "der ersten und zweiten Generation" noch nicht State of the Art seien, verschärfe das Problem. Werkstätten hätten keinen "Zugriff auf die Programmierebene", hinzu komme ein "enormer Fachkräftemangel". Experte Jäckle kritisiert "verkürzte Entwicklungszeiten" und dass bei Over-the-Air-Updates oft "Geschwindigkeit vor Sorgfältigkeit" stehe. Es sei zu erwarten, "dass die Automobilbranche eine vergleichbare Lernkurve durchläuft wie etwa die Computer- oder Smartphone-Branche". Für Kunden gelte: "Wer zu früh kauft, den bestraft der mangelnde Reifegrad." Ein Autokonzern-Insider sagt, dass Digitales die Unfertigkeit quasi in sich trage. "Das haben wir noch nicht verstanden."

Jonas Kubitza aus Heidelberg tröstet das kaum. Der junge Familienvater ist bewusst auf ein Elektroauto umgestiegen – den Mercedes EQB 250+ aus der ersten Serie. Und muss jetzt erleben, wie Mercedes wegen Kurzschluss- und Brandgefahr im Antriebsakku die Performance des Stromers beschneidet. Ein amtlicher Rückruf des Kraftfahrt-Bundesamts (KBA-Referenz 14775 R) zwingt EQA- und EQB-Modelle aus dem Produktionszeitraum 20. Februar 2021 bis 23. Januar 2024 zum Software-Update. Das Folgeproblem: Die Aufladung des Akkus von 10 bis 80 Prozent SoC verlängert sich um etwa 10 bis 15 Minuten. Akkukapazität und Reichweite sinken laut Hersteller je nach Laufleistung "rechnerisch" um fünf bis elf Prozent.

"In Summe für mich eine ziemliche Frechheit von Mercedes, da hiermit eine erhebliche Wertminderung einhergeht, die man als Verbraucher offensichtlich einfach so hinnehmen soll", sagt Kubitza. Den 31-Jährigen ärgert auch, dass der Hersteller die Gefahr laut Anschreiben lediglich "mitigiert" – also verringere. "Die defekten, problematischen Batterien können nach meiner Lesart weiter in Brand geraten." Deshalb komme für ihn nur der Tausch gegen neue, fehlerfreie Akkus als "einzig konsequente Problemlösung" infrage.

Mercedes bestätigt gegenüber auto motor und sport, das Software-Update beseitige lediglich "ein gesteigertes Brandrisiko". Wie auch im Rückrufschreiben erklärt der Hersteller, "dass die tatsächliche Ladezeit und Reichweite von einer Vielzahl unterschiedlicher individueller Faktoren abhängig sind" – also etwa Umgebungstemperatur, Batterie- oder Fahrzeugzustand. Die "möglichen Auswirkungen des Software-Updates" seien je nach Fahrzeug "unterschiedlich", so ein Sprecher. Vom Rückruf Betroffene leitet der Hersteller um zum "Mercedes-Benz-Servicepartner, um die individuellen Auswirkungen zu besprechen und eine gemeinsame Lösung zu finden".

Doch so eine zu finden, ist häufig nicht leicht. Immer wieder meldet sich im zweieinhalb Jahre alten BMW 530i xDrive von Ingo Weiß aus Aichwald bei Stuttgart die Sprachsteuerung. "Teilweise im 15-Sekunden-Takt", berichtet der Journalist, "und ohne dass vorher ‚Hallo BMW‘ oder Ähnliches gesagt oder die Sprachsteuerungs-Taste gedrückt wurde." Siebenmal meldete der 64-Jährige das Problem der BMW-Kundenbetreuung, zwei Werkstattaufenthalte blieben ergebnislos. Erst ein Freund, "der gerne tüftelt" und selbst BMW fährt, fand den Grund: Als zweites Aktivierungswort für den Sprachassistenten hatte sich das Wort "und" eingeschlichen, das in fast jeder Unterhaltung fällt und den Assistenten ständig auslöst. Wie das "und" da reinkam, lässt sich nicht mehr nachvollziehen. Auch für Weiß ist es bis heute ein Rätsel.

BMW erklärt dazu: "Wir entschuldigen uns dafür, dass das Problem aufgrund des unklaren Fehlerbilds nicht adäquat und zeitnah gelöst werden konnte. Modellspezifische Referenzfälle sind nicht bekannt."

Nachhaltig genervt von seiner Marke ist auch Bodo Nagel. Nach rund 83.000 Kilometern zersetzten sich bei seinem vier Jahre alten Opel Combo Life Teile des im Ölbad geführten Zahnriemens – Motorschaden. Grund dafür ist ein übles Phänomen bei älteren Pure-Tech-Benzinern (1,0 und 1,2 Liter): Das Öl greift den Riemen an, lässt ihn aufquellen, sich auflösen oder schlimmstenfalls reißen. Das kann selbst dann passieren, wenn alle Wartungsintervalle eingehalten werden.

Nagel versteht deshalb nicht, weshalb sich der Hersteller in seinem Fall darauf beruft, dass er zu spät zum Service gefahren sei. Zumal der 37-Jährige sagt: "Die Werkstatt hatte 2023 offenbar vergessen, das Service-Intervall zurückzusetzen, wodurch ich die überfällige Wartung nicht rechtzeitig erkennen konnte." Doch mit all seinen Argumenten beißt Dachdeckermeister Nagel bei Opel auf Granit. Erst als auto motor und sport sich einschaltet, kommt Bewegung in die Sache. "Gemeinsam mit dem Händler prüfen wir den Sachverhalt und werden den Kunden kontaktieren", so ein Sprecher. Er verweist unter anderem auf eine erweiterte Garantie, verbesserte Technik und ein Entschädigungsprogramm für Betroffene.

Ein anderes großes Frust-Thema sind Teile-Engpässe. Markenübergreifend beschweren sich Leser, dass Ersatzteile fehlen. Betroffen sind nicht nur Exoten, sondern auch Bestseller wie der Golf VII von Andreas Weimar. Seit April 2024 steht der 2.0 TDI still – wegen eines nicht lieferbaren Steuergeräts. "Außer Vertröstungen erhalten wir nichts – keine konkreten Aussagen, keine verbindlichen Termine und keine Alternativen", sagt der 57-Jährige. Seine Frau Nicole ergänzt: "Am meisten ärgert uns, wie VW mit uns umgeht. Es kann doch nicht sein, dass wir so lange auf unser Auto verzichten müssen." Auch auf Nachfrage von auto motor und sport kann der Hersteller nicht erklären, weshalb ein Teil für ein Modell fehlt, das 6,3 Millionen Mal gebaut wurde. Kurz vor Redaktionsschluss hat VW es dann endlich gefunden.

Smart EQ: Intakte Batterie getauscht – für 300 Euro

Ist doch mal was lieferbar, langen die Hersteller kräftig zu. Philipp Klein wunderte sich, dass Smart bei seinem EQ die intakte 12-V-Batterie im Rahmen der Inspektion tauschen wollte – für 303,67 Euro. "Das ist einfach drüber. Ich habe mir den Smart doch gekauft, um zu sparen", sagt der 35-Jährige. Ein Sprecher des Herstellers erklärt: "Eine nicht einwandfrei funktionierende 12-Volt-Bordnetzbatterie kann bei E-Fahrzeugen zu Problemen beim Laden der Hochvoltbatterie an den unterschiedlichsten im Feld verfügbaren Ladesäulen führen. Um Ladeabbrüche oder eine Ladestartunterbrechung zu vermeiden, ist daher auch beim Smart EQ ein regelmäßiger Tausch der Bordnetzbatterie alle drei Jahre vorgesehen."

Andere Batteriesorgen hat Familie Moßbrucker mit ihrem drei Jahre alten Toyota Yaris. Steht der Hybrid länger als eine Woche, entlädt sich die Starterbatterie. Weiter geht es dann nur mit externer Starthilfe. Toyota schreibt seinem Kunden dazu: Ein Hybridfahrzeug sei "grundsätzlich nicht dafür geeignet, mehrere Tage am Stück zu stehen". Unfallchirurg Gregor Moßbrucker schüttelt den Kopf: "Mir ist es noch nicht untergekommen, dass auf dem Außenparkplatz des Frankfurter Flughafens frisch angekommene Autofahrer ihre Powerbank auspacken, um nach dem Urlaub ihre modernen Autos zu starten."

Das Yaris-Modell der Moßbruckers kassiert in der ADAC-Pannenstatistik ein "mangelhaft" – wegen der Starterbatterie! Toyota schreibt uns, dass in Yaris und Yaris Cross seit Ende 2024 leistungsfähigere Batterien eingebaut werden. "Dadurch wird sichergestellt, dass speziell im Kurzstreckenbetrieb die Batterie ausreichend geladen wird", so eine Sprecherin. Warum nicht gleich?

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