Ein voll funktionsfähiger Mercedes 300 SL aus Holz: Dafür waren mehr als 8.000 Stunden Handarbeit nötig.
Elias Juarez
Klassische Autos bergen oft außergewöhnliche Geschichten unter ihrer Motorhaube. Doch im Fall dieses Wagens ist das Ungewöhnliche sofort erkennbar. Auf den ersten Blick sieht er aus wie ein Mercedes-Benz 300 SL Flügeltürer aus den 1950er-Jahren – mit seinen eleganten Proportionen und den ikonischen Flügeltüren.
Doch schon beim zweiten Blick entdeckt man staunend, dass der metallische Glanz der Karosserie verschwunden ist und der warmen Ausstrahlung handpolierten und sorgfältig verarbeiteten Teakholzes gewichen ist. Das Material ist natürlich und biologisch abbaubar, und – am überraschendsten – dieses Holzauto fährt tatsächlich.

Das Werk trägt den Namen La Belle Castelle und ist das Ergebnis zweijähriger Arbeit mit insgesamt 8.000 Arbeitsstunden des französischen Kunsthandwerkers Rémi Le Forestier und seines kleinen Teams. Der Name „Castelle“ verweist auf die Einwohner von Château-Thierry, seinem Heimatort, wo das Projekt Gestalt annahm und zu seinem Kern wurde.
Das Fahrzeug basiert auf einem Mercedes E 300-Chassis von 1989 und verfügt über einen Stahlrohrrahmen für zusätzliche Stabilität. Alle sichtbaren Teile (Motorhaube, Türen, Dach und Spoiler) sind aus massivem Teakholz gefertigt. Selbst die markanten Flügeltüren bestehen aus diesem Material und öffnen sich wie beim Originalmodell.
Unter der Haube sorgt ein 3,0-Liter-Sechszylinder-Motor dafür, dass das Fahrzeug Geschwindigkeiten von bis zu 80 km/h erreicht, obwohl es nicht für den Straßenverkehr zugelassen ist. La Belle Castelle will jedoch mehr als nur Leistung bieten: Schönheit und Ausgewogenheit verkörpern.

Im Innenraum setzen die braunen Ledersitze und die Holzverkleidung den Dialog zwischen Handwerkskunst und Mechanik fort. Das Ergebnis ist eine Hommage an eines der meistbewunderten Autos der Geschichte, den Mercedes-Benz 300 SL von 1954, neu interpretiert mit viel Gefühl und handwerklichem Können.
Das Projekt entstand aus einer Familiengeschichte. Le Forestier, gelernter Schreiner, hatte geplant, James Bonds Aston Martin DB5 nachzubauen, bis seine Tochter das Mercedes-Benz Museum in Stuttgart besuchte und sich in den Flügeltürer verliebte. Von da an war die Herausforderung klar. Mithilfe von Fotos und 3D-Scans formte das Team jede Kurve des Sportwagens und verwendete dafür Teakholz aufgrund seiner Stärke und Langlebigkeit. Ziel war es, einen Mercedes 300 SL aus Holz zu erschaffen, der die Seele handwerklicher Perfektion ausstrahlt.

Das Auto wurde im Juni dieses Jahres, 2025, im Rahmen der Jean-de-La-Fontaine-Feierlichkeiten auf Château-Thierry enthüllt und begeisterte Publikum und Presse gleichermaßen. Seitdem ist es auf Ausstellungen und Paraden zu sehen, da es der weltweit einzige voll funktionsfähige Flügeltürer aus Holz ist.

Le Forestier ist in der Welt des handgefertigten Designs kein Unbekannter. Vor diesem Auto hatte er bereits so unterschiedliche Stücke wie eine Nachbildung des Throns des zentralafrikanischen Kaisers Bokassa und einen Schreibtisch für Donald Trump geschaffen. Doch er betont, dass dieses Werk etwas Besonderes sei: „Es schlägt eine Brücke zwischen den Epochen und vereint Technologie und menschliche Hand, Motor und lebendige Materie“, erklärt sein Schöpfer.
Seine endgültige Bestimmung findet die Auktion von Maison Rouillac im November, mit einem geschätzten Startpreis von 15.000 €. Eine symbolträchtige Summe für ein Werk, das in Holz und Metall die anhaltende Faszination der Menschheit für Mobilität und Schönheit verkörpert. Im Video ist das wunderschöne Modell zu sehen, das dieser einzigartigen Holzreplik nachempfunden ist: der Mercedes-Benz 300 SL Flügeltürer.
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