Technologie-Revolution bei BMW: Das macht die Neue Klasse so besonders
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Es ist die größte Investition in der Geschichte von BMW und gleichzeitig eine Wette auf die Zukunft des Automobils. Mehrere Milliarden Euro steckt BMW in Entwicklung und Produktion der neuen Plattform, auf der bis 2027 bis zu acht Modelle erscheinen sollen. Den Anfang macht der iX3-Nachfolger, der im Herbst 2025 präsentiert wird. BMW hat bei der Entwicklung der Neuen Klasse zahlreiche Innovationen am Start, um die Marke im weltweiten Wettbewerb bestehen lassen zu können. In der Folge beschreiben wir die wichtigsten Merkmale.
BMW setzt statt der bisherigen, kastenförmigen Batteriezellen (Prismatische Zellen) auf neue Rundzellen (Zylindrische Zellen). Diese kann man sich vereinfacht in der Form wie handelsübliche Taschenlampen-Batterien vorstellen. BMW hat die Zellchemie selbst entwickelt und in einer Pilot-Fabrik deren Fertigungsbedingungen festgelegt. Prinzipiell wären die Bayern also problemlos in der Lage, ihre eigenentwickelten Stromspeicher auch selbst herzustellen. Die Massenproduktion wird jedoch von Zulieferern (zum Beispiel CATL) stammen. Der Grund dafür sind wirtschaftliche Aspekte, weil der Bau eigener Batterie-"Gigafactories" angesichts der BMW-Stückzahlen zu kostspielig wäre.
BMW wird bei der Neuen Klasse ein neues System für die Antriebsbatterien verwenden. Dabei werden die Zellen einzeln in das Batteriegehäuse eingesetzt, statt sie wie bisher zu Paketen zu bündeln. Gleichzeitig wird die Hochvoltbatterie kein zusätzliches Bauteil mehr sein, das unter einer Karosserie befestigt wird. Stattdessen wird der Antriebs-Akku ein Karosseriebestandteil und bildet praktisch den Unterboden des jeweiligen Fahrzeugs. Vorteil dieser Technik: Neben der Gewichts- und Volumen-Reduzierung gegenüber den bisherigen Akkus der Elektro-BMW ist diese Konstruktionsweise günstiger in der Fahrzeugproduktion, außerdem sind die neuen Batterien so flach, dass sie vom Sportwagen bis zum SUV ohne Kompromisse eingesetzt werden können.
Ein großer Nachteil gegenüber der bisherigen Bauweise besteht jedoch auch. Sollten einzelne Batteriezellen im Lebenszyklus des Autos ausgetauscht werden müssen, würde das einen sehr viel höheren Montageaufwand bedeuten als bei einer extern angebrachten Traktionsbatterie.
Erstmals integriert BMW die von einigen anderen Herstellern bereits angebotene 800-Volt-Technik. Im Vergleich zum bisher verwendeten 400-Volt-System bringt diese Spannungserhöhung einige Vorteile. Der wichtigste für den Kunden sind drastisch reduzierte Ladezeiten an Schnellladesäulen; BMW selbst gibt an, dass die Neue Klasse bis zu 300 km WLTP-Reichweite innerhalb von 10 Minuten nachladen kann. Ein weiterer Vorteil der 800-Volt-Ladetechnik sind geringere Ladeverluste, was auf die Gesamt-Effizienz des Fahrzeugs einzahlt. Für den Hersteller hat die prinzipiell teurere 800-Volt-Technik auch wirtschaftliche Vorteile, speziell wegen der weniger teuren Verkabelung im Auto.
Auf den "Energy Master" ist BMW ganz besonders stolz. Hierbei handelt es sich um ein im geschlossenen Gehäuse untergebrachtes System. Der BMW Energy Master ist direkt auf der Hochvoltbatterie platziert und übernimmt die zentrale Steuerung der Energieflüsse. Er verbindet die Hoch- und Niedervolt-Stromversorgung und sorgt für eine reibungslose Datenübertragung innerhalb des Batteriesystems. Zusätzlich reguliert er die Energieverteilung an die E-Maschine und das Bordnetz. Der BMW Energy Master ist keine klassische Leistungselektronik, sondern eine hochintegrierte Steuer- und Kommunikationszentrale für die Hochvoltbatterie. Während die Leistungselektronik primär für die Umwandlung und Regelung der elektrischen Energie zwischen Batterie und E-Motor zuständig ist, übernimmt der Energy Master eine übergeordnete Funktion. Dieses Steuerungsmodul hat BMW selbst entwickelt und baut es auch selbst. Die Herstellung für die weltweite E-Auto-Produktion von BMW erfolgt im BMW-Werk Landshut.
Eine Marke, die "Motoren" im Namen trägt, ist in diesem Punkt natürlich besonders gefordert. BMW setzt in der sechsten Generation der eDrive-Technologie (Gen6) auf eine erweiterte Motorenstrategie. Neben der bekannten Synchronmaschine (SSM) kommt erstmals auch eine Asynchronmaschine (ASM) zum Einsatz. Die ASM-Technologie, die in den BMW xDrive-Varianten der Neuen Klasse an der Vorderachse eingesetzt wird, nutzt Induktion zur Erzeugung des Rotor-Magnetfelds. Der Rotor der ASM besteht aus einem metallischen Käfig, was Vorteile hinsichtlich Baugröße und Produktionskosten mit sich bringt.
Parallel zur Einführung der ASM-Technologie wurde die bestehende SSM-Antriebseinheit umfassend weiterentwickelt. Die Komponenten Rotor, Stator und Inverter wurden auf die neue 800-Volt-Architektur abgestimmt, was Verbrauchsvorteile und Mehrleistung bringt. Die überarbeitete Öl- und Wasserkühlung sowie ein leichteres und steiferes Motorgehäuse bringen weiteren Fortschritt. Das im Motorgehäuse integrierte Stirnradgetriebe wurde ebenfalls verbessert, es läuft nun leiser und mit weniger Reigung.
Der Inverter, das zentrale Steuerungselement der E-Maschine, setzt auf moderne Siliziumkarbid-Halbleiter (SiC) und ist vollständig in das Motorgehäuse integriert. Er wandelt Gleichstrom aus der Hochvoltbatterie in Wechselstrom für den E-Motor um. Auch hierbei handelt es sich um eine Eigenentwicklung von BMW.
Genaue Leistungsdaten der beiden Elektromotoren nennt BMW noch nicht. Die hintere Synchronmaschine wird in einem Leistungsbereich von 200 bis 300 kW (272 bis 408 PS) verortet, die vordere Asynchronmaschine soll mindestens 120 kW (163 PS) abliefern können. In der Kombination von mehreren Motoren soll die 800-kW-Marke (1.088 PS) in Sichtweite sein, was geradezu aberwitzige Fahrleistungen verspricht. Erste Eindrücke hiervon konnten wir bereits mit einem Prototypen sammeln.
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