Aus der IndyCar in die Formel 1: Colton Hertas riskantester Karriereschritt

(Motorsport-Total.com) - Colton Herta, 25 Jahre alt und bislang IndyCar-Star, wagt mit sofortiger Wirkung den riskanten Schritt in Richtung Formel 2: Als Testfahrer für Cadillacs neues Formel-1-Projekt steigt er ab 2025 in die europäische Nachwuchsschiene ein. Das Ziel ist klar - über die Formel 2 und Einsätze im Cadillac-Programm will sich der US-Amerikaner für ein Stammcockpit in der Königsklasse empfehlen.
Colton Herta: Der Traum von der Formel 1 Zoom
Für Herta ist es ein gewaltiges Risiko, denn er verlässt eine komfortable Karriere an der Spitze der IndyCar-Serie. Für die Formel 1 wiederum könnte der Schritt entscheidend sein, wenn die Expansion in den US-Markt nachhaltig gelingen soll.
Als Michael Andrettis ursprüngliche Formel-1-Bewerbung im vergangenen Jahr auf Widerstand stieß, wurde US-Grand-Prix-Promoter Bobby Epstein gefragt, ob ein amerikanisches Team oder ein US-Fahrer einen Unterschied für den Ticketverkauf in Austin machen würde. "Ich denke, es würde beim CoTA einen Unterschied machen, wenn wir einen amerikanischen Champion hätten", lautet die Antwort.
US-Markt boomtZu diesem Zeitpunkt kämpfte Logan Sargeant noch im hinteren Mittelfeld mit Williams, ohne dass seine Anwesenheit in der Startaufstellung nennenswerte Auswirkungen auf die Ticketnachfrage bei einem der drei US-Rennen hatte. Auch in "Drive to Survive" spielte er aufgrund mangelnder Resultate keine große Rolle.
Keine Chance für Mick! Cadillac hat sich entschieden, dass sie mit voller Erfahrung in das erste Formel-1-Jahr gehen werden. Weitere Formel-1-Videos
Unbestritten ist jedoch, wie stark die Formel 1 in den USA seit dem Netflix-Boom gewachsen ist. Mit dem kommenden Apple-Blockbuster um Brad Pitt steht schon das nächste Zugpferd bereit, um den traditionell europäischen Sport in neue Höhen zu katapultieren. Doch um den Markt endgültig zu knacken, braucht die Serie mehr als Glitzer in Las Vegas - sie braucht einen amerikanischen Fahrer, der nicht nur mitfährt, sondern gewinnen kann.
Die Historie liefert Parallelen: In den frühen 1990er-Jahren entfachte Michael Schumacher als erster deutscher Weltmeister einen Formel-1-Boom in seinem Heimatland, während Fernando Alonso ein Jahrzehnt später Spanien mit zwei WM-Titeln in Ekstase versetzte.
Herta muss erfolgreich seinMit Colton Herta, IndyCar-Sieger und nun Cadillac-Testfahrer, könnte die USA ihre beste Chance seit Jahren haben. Doch in einem gesättigten US-Sportmarkt muss er sich klar abheben.
"Er muss erfolgreich sein", sagt Ex-Haas-Teamchef Günther Steiner zu Motorsport.com. "Es reicht nicht, einfach nur einen Amerikaner im Feld zu haben - Logan Sargeant ist der Beweis. Natürlich hilft Cadillac als große Marke, aber es braucht Resultate. Wenn ein Amerikaner Rennen und Meisterschaften gewinnt, dann hast du das ganze Land hinter dir."
Herta steht vor immensen Hürden: Es fehlen noch Superlizenz-Punkte, er muss sich in der Formel 2 gegen die europäische Nachwuchselite beweisen und Cadillac selbst muss erst die Wettbewerbsfähigkeit in der Formel 1 erreichen.
Der Amerikaner ist motiviertDass Herta trotzdem den Sprung wagt, spricht für seinen Willen. "Es ist ein riesiges Risiko", erklärte er im Podcast Off Track seiner IndyCar-Kollegen James Hinchcliffe und Alexander Rossi. "Wenn ich nicht glauben würde, dass ich es kann, würde ich in der IndyCar bleiben. Aber ich glaube an mich und daran, dass ich schnell genug bin."
Unterstützt wird er von Dan Towriss, Geschäftsführer von TWG Motorsports, dem Mehrheitseigner des Cadillac-Formel-1-Projekts und von Hertas IndyCar-Team Andretti Global. Towriss lobt Hertas Ansatz, sich komplett in die europäische Nachwuchsleiter zu integrieren.
"Er respektiert das System, lernt die Strecken, die Reifen, und erarbeitet sich die Grundlage. Wir haben Tests mit älteren Autos, Trainingseinsätze - das Gesamtpaket, um Colton jede Chance zu geben."
Großes RisikoDoch das Risiko bleibt gewaltig: Ein starkes Formel-2-Jahr könnte als selbstverständlich abgetan werden, ein schwaches Abschneiden dagegen würde Hertas Ruf dauerhaft beschädigen. Gerade weil die Formel 2 oft unberechenbar ist, hängt vieles nicht allein von ihm ab.
Formel-1-Quereinsteiger aus Übersee haben es traditionell schwer, da fast jedes Team seine eigenen Nachwuchsakademien betreibt und Talente von der Kartbahn bis in die Formel 2 gezielt aufbaut.
Liberty Media dürfte also genau hinschauen. Denn die Expansion in die USA ist ohne einen erfolgreichen Protagonisten aus dem Land nur bedingt tragfähig. Mit Herta und Cadillac - einem der größten US-Autobauer - könnte die Serie genau das Gesicht bekommen, das sie für den Durchbruch im Markt braucht.
Cadillac selbst wird nicht sofort auf Topniveau antreten. Doch wenn das Team in einigen Jahren konkurrenzfähig ist, könnte Herta bereit sein. Für Fahrer wie Hersteller gilt: Große Wetten bergen große Risiken - aber auch die Chance auf den ganz großen Gewinn.
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